Was ist gut für ein kleines Kind?

Die einfache Antwort lautet: gut für ein kleines Kind ist es, das erleben zu können, was für seine individuelle Biographie die Vorbereitung ist. Denn das erste Jahrsiebt ist das des Spieles. Und die Bedeutung des Spieles ist es, die leibliche, seelische und geistige Grundlage zu legen, die es dem Menschen später ermöglicht, die Aufgabe seines Lebens zu erfüllen.

Was so grundsätzlich als eine Behauptung aufgestellt ist, lässt sich anhand von Biographien bedeutender und scheinbar unbedeutender Menschen nachprüfen. Diese und jene Begegnung, die eine und die andere Erfahrung, haben, im Guten wie im Schlechten, so, als folgten sie einem Plan, genau das bewirkt und veranlagt,  was das spätere Leben ermöglichte. Was wie ein Plan wirkt, eine innere Logik, war nicht von einem Menschen gemacht. So war das Schicksal.

Nicht nur vermessen, sondern unsinnig wäre es, durch ein Studium von möglichst vielen Lebensbeschreibungen etwas herauszudestillieren, was Grundlage einer allgemeinen Pädagogik des kleinen Kindes zu sein hätte. Genau so absurd ist es aber auch,  auf Grund einer Weltanschauung, der man anhängt,  sich einen allgemein gültigen Plan zurecht zu legen,  der alles vermeintlich Wahre, Gute und Schöne für kleine Kinder bewirken will und streng alles vermeidet, was schädlich, unnütz und entbehrlich ist.

Im ersten Fall, dem des Biographie-Destillates, würde man kaum etwas Allgemeingültiges finden, da das Wesentliche eben das Individuelle und oft Seltsame und Absonderliche ist.  Im zweiten Fall, dem Reduzieren der Wirklichkeit auf eine reine, ideale Lehre,  würde man sich verhalten, wie zu Jesu Zeiten die Sekte der Essäer,  die alles, was sie für schlecht und böse hielten, vermieden und dadurch ein elitäres und wirklichkeitsfremdes Dasein führten. Oder man würde glauben, durch das Einführen einer Art von Sanatorium, in welchem man gesunde Menschen vorbeugend mit einer allgemeinen Diät behandelt, sie auf das Leben vorzubereiten.

Von meiner Kindheit war das Erlebnis des Schlachtens einer Kuh, eines Schweins ungefragt ein Bestandteil,  wie der Tod von Menschen und  der Krieg mit allen Schrecken von Bomben und Feuer. Kein Pädagoge hat diesen Plan gemacht, doch die Erlebnisse waren und sind unentbehrlich für mein  Leben, das keinem anderen gleicht.

Was also ist die Folgerung, wenn wir nun  einerseits vermeiden wollen, eine ideale Scheinwelt für Kinder zu erzeugen, die weder den Pädagogen, noch den  Kindern gerecht wird, noch wollen, dass im Kindergarten eine Kuh zu schlachten ist oder die Kinder Darstellungen von gegenwärtigen Kriegshandlungen  geboten bekommen, ( das war in sowjetischen Kinderkrippen tatsächlich der Fall), damit    Lebenswirklichkeit   eintritt?

Helfen kann uns dieser Gedankengang: Schicksal und demnach zusammenstimmend mit der zukünftigen Biographie der Kinder ist die Tatsache des Begegnens und Zusammenkommens bestimmter Menschen  zu einer bestimmten Zeit just an diesem Ort. Die Eltern gehören zum Schicksal des Kindes wie die Personen, denen es begegnet, also auch die Erzieher. Somit ist eine solche Menschgruppe ohne Ideologie und ohne Plan, so wie sie ist, stimmig und „kindgemäss“. Alles andere kann sich daraus ergeben, wenn man Ideologie und wohlmeinende Abstraktion vermeidet.

Die erste Frage ist: Was muss sein? Geld muss sein, Raum, es muss Öffnungszeiten geben,  staatliche Bedingungen müssen erfüllt werden, es braucht Nahrung, Kleidung, Einrichtung. Die äusseren Bedingungen  sollten aber so gehalten sein, dass der grösstmögliche Freiraum entsteht, um das zu entwickeln, was gerade diesen Menschen gemeinsam entspricht.

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